Ich bin nicht liebenswert. Nachdenkliche Frau.

„Ich bin nicht liebenswert“ –der größte anzunehmende Irrtum.

Jeder kennt diesen Gedanken und das Gefühl dazu: „Ich bin nicht liebenswert.“ Wenn wir uns nicht ok finden, wird alles dadurch infrage gestellt- Selbstwertgefühl, Partnerschaft, Job und Beziehungen. Und so wenig zutreffend es auch sein mag: Gedanken kann man infrage stellen. Gefühle nicht- sie sind einfach da. Warum fast alle Menschen dieses Thema- mehr oder weniger ausgeprägt- mit sich herumtragen und nach einer Lösung suchen und wie es sich tatsächlich verhält: das wollen wir hier behandeln. Doch eines gleich vorab:

Du bist kein Problem, das es zu lösen gilt. 

Woher kommt dieser Gedanke überhaupt? 

Der Glaube, nicht liebenswert zu sein, entsteht in der Kindheit. Unser Überleben hing zu jener Zeit buchstäblich davon ab, dass sich jemand um uns kümmert und uns Sicherheit gibt. Und unser Selbstwert davon, wie sehr wir bedingungslos geliebt und akzeptiert wurden. Alle Eltern lieben ihre Kinder- in den meisten Fällen ist es jedoch so, dass sie selbst nie erfahren haben, dass Liebe ohne Erwartungen und Bedingungen daherkommt. Eher im Gegenteil. Und viele Menschen sind gar nicht in der Lage, aufrichtig zu lieben- sie sind selbst noch tief im emotionalen Schmerz des ungeliebt seins gefangen und können ihre Liebe nicht zum Ausdruck bringen, selbst wenn sie es sich wünschen. 

So haben wir alle mehr oder weniger die Wunde des ungeliebt seins erfahren, wenn unsere Eltern den Kreislauf nicht durchbrochen haben. Dafür aber braucht es absolute Ehrlichkeit und die Bereitschaft, dorthin zu schauen, wo es weh tut. Wir können niemanden einen Vorwurf machen, wenn er oder sie dazu nicht bereit ist- ganz oft können sie es einfach nicht. Es ist nicht einfach, inneren Schmerz auszuhalten und stehenzubleiben, statt davonlaufen und sich abzulenken. 

Wir haben also diese Überzeugung in uns aus gutem Grund entwickelt- selten wurden wir als Kinder so gesehen, geliebt und akzeptiert, wie wir sind. Es geht dabei nicht um Schuld- unsere Bezugspersonen wussten es nicht besser und haben es selbst genauso erfahren. Sondern darum, die Verantwortung für unseren Selbstwert wieder zu uns zu nehmen. Nur wir selbst können uns unseren Wert geben. Und nur so kann es auch gelingen, sich wirklich auf andere Menschen einzulassen.

Ein lebenslanger Prozess, dem wir uns mit Geduld und Güte widmen sollten. 

Der Unterschied zwischen Gedanken und Gefühl

Wie bereits erwähnt- wir können Gedanken und Überzeugungen auf ihre Existenz und ihren Wahrheitsgehalt überprüfen, beispielsweise durch bestimmte Methoden wie „The Work“ von Byron Katie. Gefühle dagegen sind eine unmittelbare Reaktion deines Körpers und werden, wenn sie nicht gefühlt und zum Ausdruck gebracht werden, im Körper gespeichert als emotionale Ladung. Sie liegen viel tiefer und sind weitaus gewichtiger als Gedanken. Dabei geht es nicht darum, ob sie der Wahrheit entsprechen- sie sind da. Und wollen wahrgenommen und anerkannt werden. Meistens handelt es sich dabei um tiefen Schmerz, den wir damals nicht fühlen konnten und ihn darum in uns weggeschlossen haben. 

Dort verursacht er einen energetischen Stau, der sich in körperlichen Symptomen und entsprechenden Glaubenssätzen ausdrückt. Dies ist auch der Grund, weswegen wir die Welt nicht wahrnehmen wie sie ist, sondern wie wir sind. Und ständig zweifeln. Löst sich solch eine emotionale Ladung auf, beispielsweise durch heilsame Tränen, die endlich geweint werden können oder indem wir das entsprechende Gefühl offen, wertfrei und ohne Widerstand in unserem Körper fühlend wahrnehmen, entsteht Weite in uns- wir sehen die Welt plötzlich viel gelöster und entspannter und durch andere Augen. Und Dankbarkeit erfüllt uns, ein natürlicher Ausdruck von Lebensfreude. 

Ein Irrtum- und doch wichtig.

Wir alle verfallen diesem Irrtum in unterschiedlichem Ausmaß. Der Sinn unseres Lebens besteht unter anderem darin, lieben zu lernen- durch genau diesen Irrtum.  Die Autorin ist der Ansicht, dass er sogar ausschließlich darin besteht. So oder so- Selbstverantwortung ist der Prozess, bei dem wir die Macht dorthin zurückholen, wohin sie gehört: zu uns selbst. Wir erkennen, dass wir selbst die Antwort geben müssen. 

Es ist kein Zuckerschlecken, uns durch emotionale Schichten von Machtlosigkeit, Ausgeliefertsein, dem Schmerz des ungeliebt-seins und vieles mehr hindurch zu bewegen. Inneres Wachstum und Bewusstheit sind weder ein spiritueller Trend noch simple Küchen- Psychologie. Und auch nichts, was wir einfach so beschließen können. Wir beschreiten den Weg von Selbsterkenntnis und Liebe, wenn wir bereit sind. Wenn der Drang nach innerer Freiheit größer wird, als der Schmerz eines Lebens als Opfer. Opfer von Umständen, von Menschen, die uns ständig verletzen, eines lebensfeindlichen Systems, tragischen Geschehnissen und selbsterzeugtem Drama. 

Loslassen? 

An dieser Stelle wird dir gerne das allseits beliebte „loslassen“ empfohlen- der größte Humbug: hast du schon einmal erfolgreich irgendetwas losgelassen? Als würden sich Gefühle oder Gedanken darum scheren, ob du beschließt, sie loszulassen. In Wahrheit lässt es DICH los- wenn du vollkommen damit in Frieden bist. 

Da das Gefühl, nicht liebenswert zu sein, sich sehr unschön anfühlt- das liegt daran, dass es so ganz und gar nicht der Wahrheit entspricht- versuchen wir natürlich alles mögliche, dem zu entkommen. So ist die Popularität von „Loslassen“ nur zu verständlich. Um solcherart Gefühle zu meiden, versuchen die meisten Menschen ständig, durch allerlei Ersatzbefriedigungen diese Gefühle zu befrieden. Was selbstredend nicht gelingt. Selbstzweifel, Selbstablehnung, große Angst, Schuld, Scham und Wut wollen nur eines, genau wie das bedürftige Kind, das wir damals waren: Zuneigung. Und wir werden depressiv, wenn wir dauerhaft versuchen, diese Gefühle zu unterdrücken. 

Fokus 

Was jedoch von immenser Wichtigkeit ist, ist unser Fokus. Wenn du dich nicht liebenswert fühlst, dann bringt es exakt null, dies durch „positive Affirmationen“ oder loslassen ändern zu wollen: du fühlst dich nicht liebenswert, weil dir offenbar nicht vermittelt wurde, dass du liebenswert bist. D.h. es geht darum, dieses Gefühl nicht weghaben zu wollen- denn es ist ja berechtigt, sonst wäre es nicht da!- sondern es im Gegenteil anzuerkennen. 

Und gleichzeitig aus diesem Gefühl nicht den Mittelpunkt deines Lebens zu machen und ein Problem, das es zu lösen gilt, sondern es einfach wertfrei und anerkennend wahrzunehmen. Frage dich daher nicht: Warum bin ich nicht liebenswert? Damit bestätigst du es nur als unumstößliche Tatsache, die es nicht ist. Sondern befasse dich damit, ein anderes Selbstbild zu kultivieren, das auf Selbstachtung und Wertschätzung beruht. Und mach dir bewusst, dass die Beziehung zu dir selbst das wichtigste in deinem Leben ist. 

Selbstliebe bzw Achtsamkeit bedeutet, unangenehme Emotionen nicht wegmachen oder „transformieren“ (nur ein anderer Ausdruck dafür) zu wollen, sondern sie im Gegenteil liebevoll anzuerkennen. Und dir einfach bewusst zu sein, dass es einen (in Wahrheit sehr kleinen, gemessen an der Vielzahl all deiner Emotionen!) Teil von dir gibt, der glaubt, nicht liebenswert zu sein- und das ist vollkommen in Ordnung! 

Der Einfluss von Vergleichen

Auch das ständige Vergleichen ist, ebenso wie der permanente Fokus auf etwas, was wir als „negativ“ bewerten und deshalb ablehnen, eine üble Angewohnheit unseres Verstandes. Besonders heutzutage, wo einem speziell auf Social Media überall scheinbar perfekte Leben und perfekte Körper von perfekt glücklichen Menschen präsentiert werden, fällt es mitunter schwer, nicht in diese Falle zu tappen. Es ist genau wie in romantischen Filmen: es wird ein künstliches Bild erschaffen, von einem Leben, welches angeblich genau so erstrebenswert scheint. Und je unzufriedener, unglücklicher und im Widerstand mit unserem realen Leben wir sind, desto verlockender erscheinen uns solche Hochglanz-Welten. 

So, wie wir nur zu gerne und ständig unsere wirklichen Gefühle, Beweggründe und Motivationen vor uns selbst verstecken, lassen wir uns unterhalten von unechten Szenarien, in denen alles perfekt scheint. Hier wird alles zutiefst menschliche entweder überhaupt nicht erwähnt oder aber es wird benutzt, um den perfekten Helden oder die Heldin menschlicher und nahbarer darzustellen, also als Vermarktungs-Strategie. Dass auch Supermodels und Millionäre dieselben Beziehungs- und Verdauungsprobleme, Familiendramen und Wunden des ungeliebt-seins erfahren wie jeder andere Mensch auch, blenden wir für gewöhnlich komplett aus. 

Wer bist du eigentlich? 

Dein ganzes Leben dreht sich darum, herauszufinden, wer du eigentlich bist. Du denkst vielleicht, du weißt es- weit gefehlt. Indem wir uns ständig und andauernd mit irgendwelchen angeblichen Problemen und deren Lösung befassen- beispielsweise, sich nicht liebenswert zu fühlen- versäumen wir das allerwichtigste: 

Uns selbst wirklich zu sehen. Und das ist auch genau so gewollt. Die ganze äußere Welt ist darauf ausgelegt, dass wir uns nur ja nicht selbst über den Weg laufen. Ein strenger Zeitplan und durchgetakteter Alltag, Entertainment wohin man schaut, Social Media, Berufsleben und Karriere- alles das sorgt zuverlässig dafür, dass du in der Spur bleibst: an glücklichen, zufriedenen und dadurch gesunden Menschen kann man weit weniger gut Geld verdienen. 

Sogenannte „negative“ Gefühle sind in Wahrheit deine Eintrittskarte in die Welt der Selbsterforschung. Durch sie wirst du entweder dazu gebracht, dich weiterhin zwanghaft selbst optimieren zu wollen und zu betäuben oder aber du nimmst sie als das, was sie sind: Warnblinker, die dir klarmachen sollen, dass es gilt, nach innen zu blicken, statt nach außen. Eine Hineinforderung.

Was also ist die Lösung? 

Unser Verstand hat nur zu gerne die passende Lösung für jedes Problem parat. Damit kann man sich ein ganzes Leben lang befassen- und viele Menschen tun auch genau das! Aber weder bist du ein Problem, das es zu lösen gilt, noch Leben an sich. Im Klartext: wir werden weder Techniken, noch irgendwelche „Übungen“ präsentieren, die angeblich dabei helfen, das „Problem“ flugs zu lösen. Weil da keines ist. Du bist einfach ein Mensch. Und als solcher hast du im Laufe besonders deines jungen Lebens Erfahrungen gemacht, die bestimmte Emotionen und daraus resultierend Gedanken erschaffen haben. 

Dein ganzes Leben besteht vornehmlich darin, diese Zusammenhänge zu begreifen, dich dadurch fühlend zu erfahren und zu erweitern. Nichts ist jemals falsch, verkehrt, oder sollte anders sein- am allerwenigsten du selbst. Selbstliebe bedeutet, dies anzuerkennen- und statt dich ändern zu wollen, herauszufinden, wie wunderbar, einzigartig und großartig du in Wirklichkeit bist. Inklusive dem Teil in dir, der sich nicht liebenswert fühlt- du kannst diesen Teil tatsächlich einfach wertschätzen und anerkennen. So wie den Rest von dir. 

Ich bin nicht liebenswert. Frau am Strand, mit ausgebreiteten Armen.

Unterstützung 

  • Umgib dich mit herzlichen Menschen: Menschen, die dich so akzeptieren, wie du bist, sind ein Geschenk. Sie helfen dir, deinen Wert zu sehen. 
  • Fokussiere dich auf das Geschenk deines Lebens: anstatt dich dauernd mit angeblichen Problemen und deren Lösung zu befassen, nimm all die Wunder wahr, die du tagtäglich erfährst, allem voran deine wundersame Existenz. Riechen, schmecken, hören und berühren. Sterne. Wolken. Regentropfen. Pferdeschnauben, Tränen und weiches Fell. Kinderlachen.
  • Übe dich in Mitgefühl: Sei so freundlich und gütig zu dir selbst, wie du nur kannst- andere waren es vielleicht nicht, aber du kannst es anders machen. Besser. Stell dir deine Gefühle als ungeliebte Kinder vor- wäre es mitfühlend und liebevoll, sie weghaben zu wollen? Oder sie zu kritisieren?
  • Dein Wert hängt von rein gar nichts ab: allein dein Dasein macht dich zu einem wunderbaren Teil dieser Welt- mit einer absolut einzigartigen Kombination von Talenten und Fähigkeiten, die es zu entdecken gilt.
  • Nobody’s perfect: du bist Nobody. No Body. Das bedeutet einerseits, dass du perfekt bist- mit all deinen Schwächen und Fehlern, die einfach nur zutiefst menschlich sind und die du mit allen anderen teilst. Auch das, was du am liebsten verstecken würdest. Und andererseits, dass du nicht dein Körper bist- du hast lediglich einen. Und der ist ganz wunderbar, so, wie er ist.
  • Liebe ist überall: Du musst sie dir weder verdienen, noch darauf warten, dass jemand sie dir schenkt. Sondern offen sein, sie wahrzunehmen- du hast endlose Ressourcen davon in dir. Wenn du allerdings im gefühlten Mangel feststeckst, wird es dir immer darum gehen, Liebe zu bekommen, statt sie zu geben. Sobald du auch Mangel, Enge, Bedürftigkeit und alles andere, was gemeinhin abgelehnt wird, als notwendigen und zu schätzenden Teil in dir annehmen kannst, wird es weit in dir- Leben beginnt zu fließen und du kannst dich verschenken. Ganz wie es gedacht ist.

Fazit

Alles ist gut, wie es ist. Weder musst du dich verändern, noch die Umstände oder das Leben an sich. Erstaunlicherweise verändert es sich ganz signifikant, wenn du das akzeptieren kannst und Wertschätzung und Güte kultivierst, statt Ablehnung und Kritik. Wir dürfen begreifen, dass das Problem tatsächlich darin besteht, aus uns, Leben und unseren Gefühlen ein Problem zu machen. Dabei ist es vollkommen normal, dass Teile von dir sich traurig, versehrt, ungeliebt oder abgelehnt fühlen. Wir leiden, wenn wir sie weghaben wollen und nicht anerkennen. Sie SIND nämlich traurig, versehrt, ungeliebt und abgelehnt, weil sie genau das erlebt haben. 

Selbstliebe anerkennt dies und sorgt dafür, dass du dich mit aller Güte, Freundlichkeit und Nachsicht behandelst, die dir möglich ist- und dir verzeihst, wenn es nicht gelingt. Es gibt keine Methode oder Technik, die dich zu einem liebevollen Menschen macht- es ist eine tägliche, bewusste Wahl, die du zu treffen hast und von der die Qualität deines Lebens und deine Lebensfreude abhängen. 

Häufige Fragen 

Wie kann ich mich liebenswerter fühlen?

Ein wichtiger Punkt: wenn du dich anders fühlen willst, als du es tust, wirst du immer in Unfrieden sein. Weil du ja nicht einverstanden bist damit, wie du dich eben grade fühlst. Es ist kein Problem, sich nicht liebenswert zu fühlen- das Problem entsteht, wenn du eine riesen Sache daraus machst, es weghaben willst bzw. anders. Wenn du liebevoll anerkennst, dass ein Teil von dir sich als nicht liebenswert betrachtet und mit Sicherheit einen guten Grund dafür hat, kannst du dieses Gefühl einfach in deinem Körper spüren und da sein lassen. Solange es möchte. Dann gibt es kein Problem. 

Warum habe ich ständig das Gefühl, ich werde nicht gemocht?

Das ist üblicherweise eine Projektion und rührt daher, dass du dich selbst nicht wirklich magst. In selteneren Fällen kann es auch sein, dass dein noch nicht sehr ausgeprägtes Selbstbewusstsein dich in eine Umgebung geführt hat, in der du tatsächlich nicht gemocht und geschätzt wirst.

Wie gehe ich mit Kritik um?

Gar nicht. Menschen, die andere kritisieren, sind immer unglücklich- glückliche Menschen kritisieren nicht. Und vor allem sind sie selbst ihre größten Feinde. Halte dich möglichst fern. 

Kann ich Glaubenssätze und bestimmte Gedanken komplett loswerden?

Sobald du etwas loswerden willst, bedeutet es, du hast Widerstand dagegen. Widerstand wiederum ist die sicherste Methode, etwas andauern zu lassen. Du kannst liebevolle Selbsterforschung betreiben- etwa durch „The Work“ (Byron Katie). Wenn du die zu einem Glaubenssatz gehörenden Emotionen vollumfänglich körperlich fühlend erfahren kannst, wird der Glaubenssatz einfach verschwinden. Es sollte aber nicht darum gehen, sondern um das neugierige erforschen an sich. 

Was gilt es zu vermeiden?

Nichts. Niemand kann Leben vermeiden. Und Leben wird sich immer mit genau dem konfrontieren, was du brauchst, nicht was du willst.


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